DENY EVERYTHING - Things I like - EP

Freitag, 8. April 2011 um 23:10 - futziwolf

DENY EVERYTHING - "Things I like" - EP

7" Limited Edition, Clear Vinyl
- (Yo-Yo Records)
LABEL:
yoyorecords
jan@yoyorecords.de

vertrieb:

Flight 13 (Germany)
No Idea! (USA)
Interpunk (USA)



[review:]
Offensichtlich habe ich nicht bloß die Auflösung und die Abschiedstour von DENY EVERYTHING aus Köln verpasst, nein, ich habe gleich die ganze Bandgeschichte verpennt. Und das ist wirklich mehr als ärgerlich. Ich würde mir sogar die Haare raufen, wenn die nicht auch ohne meine Zutun schon langsam dünner würden. Aber von diesem nervtötenden Alterungsprozess und seinen miesen Begleiterscheinungen jetzt mal schnell zur vorliegenden E.P.: Auf dem Cover gibt es in acht kleinen Kästchen ebenso viele kleine Bilder zu sehen, das neunte Kästchen in der Mitte ist leer geblieben. Versteckt sich dort das „Ich“, dass im ersten Song die Dinge aufzählt die es mag, darf der geneigte Hörer sich hier das Antlitz des geliebten Menschen denken, der am Ende des Liedes auftaucht oder ist das schlicht ein Raum um selbst noch etwas Persönliches hinzuzufügen? Also ich finde, ein sowjetisches Eishockeyteam aus den 80-ern würde sich hier ganz gut machen… Bücher, Martinis, Fahrräder, Erdnussbutter und BLACK FLAG-Platten mag ich aber auch. Bloß diesen Boxer und den anderen, älteren Typen kenne ich nicht, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, und angebrannter Toast ist auch nicht so mein Ding.



Ich gehe vom Optischen zum Akustischen über. Mein Gott. Welch eine Freude. Soviel Euphorie und Energie verspürt ein ehemaliger Fließbandrezensent nur noch ganz selten, das dürft Ihr mir glauben, und vor allem nicht bereits wenige Sekunden nachdem er eine Platte aufgelegt hat. Mir fallen spontan die ersten drei PASCOW-LPs und einige Veröffentlichungen von NO IDEA, ART OF THE UNDERGROUND und ADD RECORDS ein, aber sonst? Nach alter Schule duftender, sauschneller, sehr präziser und doch punkrotziger Hardcore rüttelt an meinem angenagten Drehstuhl, springt mir auf die Schultern, brüllt in meine Ohren, tanz auf meinem Kopf und fordert, dass ich endlich den Scheiß-PC ausmache und mich mal wieder vollkommen planlos in eine gar nicht so üble Winternacht stürze! Aber hey, ich hab hier doch noch was zu tun… Dann wechselt die Band plötzlich zu wunderschönem Punk-Rock der Gainesville-Schule und es ist tatsächlich immer noch derselbe Song, der nun zu einer zuckersüßen Liebeserklärung wird. Ich bin hin und weg. Und musikalisch geht es tatsächlich genauso großartig, immer zwischen diesen beiden Polen pendelnd, weiter. Die Profis von GREEN HELL, FLIGHT 13 und dem OX haben, wenn ich mich richtig erinnere, des Öfteren LIFETIME und KID DYNAMITE als Vergleiche bemüht. Ich glaube wenn man sich das Programm der oben genannten Labels vor Augen und Ohren hält, die auch in einem Text erwähnten DESCENDENTS hinzuzieht (bis zur brillanten „Everything sucks“-Platte) und vielleicht im Anschluss noch mal ein hübsches Stück Vinyl von NEW MEXICAN DISASTER SQUAD oder WESTERN ADDICTION und ein paar Songs von GOOBER PATROL auflegt, erhält man auch eine ganz gute Vorstellung von dem was sich da gerade auf meinem alten Grundig PS 3500 abgespielt hat (und nun wieder und wieder abspielt). Hätte diese Band, die es bereits seit 2003 gab, nicht eigentlich unendlich viel bekannter sein müssen? Nein, ich glaube es war gut so wie es war. AGAINST ME! wären zu etwas so Gutem heute gewiss nicht mehr fähig. Viel Spaß im Stadion… Der einzige Wehrmutstropfen ist in diesem Augenblick meine definitiv zu kleine Bestellung bei dem lieben Menschen von Yo-Yo Records, der mir dieses, trotz der stolzen Zahl von 5 Songs, viel zu kurze Vergnügen dankenswerterweise zum Besprechen beigepackt hat. Ich werd´s nachholen, auf alle Fälle.



Die englischen Texte erzählen für mich vor allem von einem Sich-fremd- oder jedenfalls Nicht-zuhause-Fühlen, weder in der Szene noch in der Gesellschaft „da draußen“. Sehr, sehr schön, wie hier z. B. mit einfachen Worten beschrieben wird, wie der Fetisch „Arbeit“ auch in die kleine Punkwelt Einzug hält und dann auch noch gesagt wird, was davon zu halten ist: „Now all the punks are proud to play in `hard working´ bands/ Am I too stupid? I don´t understand/ Yea, `start a band, throw a brick´/ but before it becomes another job I´ll quit.”  Auch das Verhältnis der Geschlechter, seine Reproduktion und ihre Konstruktion werden thematisiert, zum einen durch die Erwähnung JUDITH BUTLERS im vierten Stück, zum anderen durch einige explizite Zeilen: „And the boys are still all up on stage/ and the girls still cook their food/ and no one even thinks it´s weird.“ Und ja, diese Kritik an den „eigenen“ Verhältnissen ist genauso wichtig und berechtigt wie es die wesentlich öfter gehörten Attacken auf die kapitalistische, sexistische, rassistische und homophobe Umwelt sind, denn der ganze Scheißdreck wirkt ja auch in uns und niemand kann sich diesen ekelhaften Mechanismen ganz entziehen. „In my room“ beschreibt eine mögliche und den meisten von uns wohl vertraute Reaktion auf all das, den Rückzug in den kleinen, geschützten Raum, zu den Platten, Büchern und Filmen, die man liebt. „No stupid idiots stare at me/ No one I have to answer to.” Von Zeit zu Zeit ist das gut und richtig, als Fazit wäre der Text schlimm. So bin ich froh, dass die kleine Platte mit „Don´t be afraid of bitters“ letztlich positiver schließt: „When the city´s feeling grey and cold/ Get off that couch and call a friend“ und „When you think this time you got it bad/ Remember: This ain´t the end.” Und für die meisten Bandmitglieder endet der musikalische Weg wohl auch nicht mit der Auflösung von DENY EVERYTHING.
Es geht weiter, in anderen Bands. Ich bin gespannt.
Für die Sammler: Das Vinyl dieser 7“ ist nicht schwarz, sondern klar. Und auf der Homepage von Yo-Yo Records gibt´s noch viel mehr schöne Platten, zwischen Country, Punk und Hardcore, zwischen JAWBREAKER, HOT WATER MUSIC, OFF WITH THEIR HEADS und s.o. Prost.      - ATAKEKS

presse:
http://www.denyeverything.de/reviews.htm

mukke:
Deny Everything - Notes On A Shitty New Year's Eve Party

artist website:

http://www.denyeverything.de/
http://www.myspace.com/denyeverythinghc

Deny Everything waren:
pablo
bjoern
christoph
david


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