Der Gott des Gemetzels – eine Filmkritik

Dienstag, 3. Januar 2012 um 19:18 - futziwolf
Menschliche Abgründe als Spiegelbild der kapitalistischen Verhältnisse
„Die Schicht der Zivilisation ist dünn wie eine Haut." (Sigmund Freud)


>>> „Der Gott des Gemetzels" liefert uns mittels Introspektion in der Tat einen Mikrokosmos unserer heutigen kapitalistischen Welt und offenbart uns so einige fundamentale Widersprüche dieses Systems. So urteilt der TAGESSPIEGEL: „Es ist was faul im Staate, und die schönen Künste gehen zurück zu den Wurzeln, leisten weniger politisch-strukturelle als psychologische Ursachenforschung." (ebd.) Denn wer ist der Gott des Gemetzels, dem anfangs nur Alan, schließlich aber alle im Film folgen? Der Gott ist das Geld, der Profit, dem im Kapitalismus alles andere untergeordnet wird. Menschlichkeit und Gerechtigkeit wird nur da gewährt, wo man es sich leisten kann. Sie sind aber nicht fundamentale Prinzipien des Kapitalismus, sondern nur schmückendes (und ersetzbares) ideologisches Beiwerk. Die heutige Produktionsweise ist nicht den menschlichen Bedürfnissen, sondern allein dem Profit untergeordnet. Dies wird exemplarisch an Alan deutlich. Er führt bei den Longstreets alle fünf Minuten Telefonate mit seinem Büro. Er ist Anwalt für eine Arzneifirma. Es sind Gerüchte im Umlauf, dass ein Medikament gesundheitsgefährdend ist. Er erfährt indessen, dass der Firma die erheblichen Nebenwirkungen des Medikaments seit zwei Jahren bekannt waren, es aber weiter verkauft hat. Dann ist seine Strategie für die Firma klar und er schreit ins Handy: Leugnen, leugnen. Das Überleben des Produktes muss in jedem Fall gewährleistet werden. Daran hängt das Überleben der Firma und letztlich auch sein Arbeitsplatz; auch wenn die Gesundheit unzähliger Menschen wissentlich zerstört wird. So herrscht das Tote über das Lebendige. Pikant wird die Situation, als sich herausstellt, dass die Mutter von Michael eben dieses Medikament einnimmt. Nun bekommen die abstrakt wahrgenommenen und dem Profit geopferten Menschen ein konkretes Antlitz. Alan sieht sich gezwungen, Michaels Mutter zu empfehlen zumindest vorübergehend das „völlig unbedenkliche" Medikament abzusetzen. Welch eine Doppelmoral! Einerseits predigen uns die Herrschenden, wir lebten in einer Gesellschaft der Gerechtigkeit, Freiheit und Brüderlichkeit, geleitet vom obersten Prinzip - dem Gott der Vernunft. Tatsächlich aber ist der Kapitalismus ein unmenschliches und brutales, weil unpersönliches Ausbeutungsverhältnis. Der Profit geht über alles. Ist die Gesellschaft therapierbar bzw. revolutionierbar? In dem Mikrokosmos, den Polanski uns vorführt, bleibt die Frage offen. Auf der Ebene der gesamten Gesellschaft, sprich: des Makrokosmos‘, sagen die Marxisten: Das Potenzial ist da. <<< linkezeitung.de

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