"Wo es schmerzt, da greift man hin" (23)

Dienstag, 24. Januar 2012 um 07:56 - futziwolf
Wo das wohl hinführt?
Der politische Wochenrückblick (06)
von Genosse Astrolabius
So langsam könnten die Spitzenpolitiker (wenn man sie denn noch so nennen kann) der FDP einem schon fast Leid tun. Nicht nur, dass von „Wählergunst“ mittlerweile kaum noch die Rede sein kann, jetzt sind sie auch noch hochkant aus der Regierung im Saarland geworfen worden, und das auch noch von der CDU, die sie im Bund zur Zeit noch ein bisschen mitregieren lässt. „Jamaika“ ist also im kleinsten deutschen Flächenstaat bereits untergegangen, sozusagen als metaphorischer Ausblick auf den wohl in absehbarer Zeit stattfindenden Anstieg des Meeresspiegels. Als wäre das noch nicht Ungemach genug, ist den angeblich „Liberalen“ jüngst ein kompletter Ortsverband in der brandenburgischen Metropole Treuenbrietzen abhanden gekommen. Und das, obwohl die bundesweit mittlerweile nach neuesten Umfragewerten zur erbärmlichen 3%-Partei verkommene Meisterin des Seitenwechselns sogar den Bürgermeister der immerhin etwas mehr als 7.500 Einwohner zählenden Stadt stellen konnte. Nun kann man sich die Verzweiflung der Genossen, Verzeihung: Parteikollegen vor Ort ja lebhaft vorstellen, angesichts der nicht abreißenden Welle von Peinlichkeiten, Hohn und Spott, die da seit dem fulminanten Wahlsieg vor zwei Jahren über die Köpfe und Köpfchen im Vorstand, und damit ja irgendwie auch über die ganze Partei, hereingebrochen ist. So lamentierte der Schatzmeister der Treuenbrietzener Hoteliersfreunde Matthias Lindemann jüngst im Interview, nach Gründen für die Fahnenflucht seiner Spießgesellen gefragt, man werde "als FDP-Mitglied seit Jahren belächelt.“ Der Ortsvorsitzende Andreas Gronemeier beklagt im selben Tonfall: „Unter dem Label der Freien Demokraten ist auf kommunaler Ebene kein Blumentopf mehr zu gewinnen.“ (Und außerdem sind die Medien am Absturz der FDP-Wähkergunst schuld. Anm. des Setzers)

Nun, das mag ja alles stimmen, aber dennoch hätten die Damen und Herren in der Bundesparteizentrale von den TREUENbrietzenern sicherlich ein wenig mehr Standfestigkeit erwartet. Denn das geht ja nicht nur den Fast-Drei-Prozentlern in Brandenburg so, sondern denen im ganzen Land, dass sie allseits belächelt und bespöttelt werden. Die treten ja auch nicht alle einfach aus. Und überhaupt: Jahrelang hat man schließlich auch in Treuenbrietzen vom Glanz und der guten Laune profitiert, die das Guidomobil noch in den letzten Winkel der Biedermannsrepublik Deutschland gebracht hat, und kaum wird es mal ein bisschen schwieriger, schon verabschiedet man sich knapp über die Medien (!) und macht seinen eigenen Laden auf? Das ist ungefähr so verwerflich wie Schluss machen über Facebook, bloß weil die langjährige Partnerin vor ein paar Wochen Schweißfüße und Pickel bekommen hat.

Nun gut, Charakterfestigkeit ist vielleicht noch nie das Markenzeichen des deutschen Liberalismus gewesen, aber trotzdem sind andere Funktionsträger aus dem Ortsverein, so beispielsweise der Bürgermeister Michael Knape, sehr darum bemüht den Eindruck zu vermeiden, hier seien nur ein paar Krawatten tragende Ratten dabei, in letzter Sekunde einen sinkenden Luxusliner zu verlassen. Denn glaubt man den Worten Knapes, muss die Ortsliberalen vor allem Anderen der Verlust ihrer Ideale geschmerzt haben. Die waren nämlich in der Bundespolitik in jüngster Zeit anscheinend so wenig erkennbar, dass man glatt zu dem Schluss gekommen ist, dass „es nicht mehr um die Menschen“ geht! Na, das ist natürlich ein Grund die FDP zu verlassen, wenn die plötzlich und unvorhergesehen, für alle Beobachter vollkommen überraschend, ihre menschenfreundliche Grundorientierung verloren hat. Da kann man nur ausrufen: Frau Merkel, Herr Gabriel, Herr Seehofer und das Grüne Röthzdemir, seien sie gewarnt! Vielleicht hat da in den Niederungen Ihrer Ortsvereine auch der ein oder andere mal einen lichten Moment und kriegt plötzlich eine leichte Ahnung davon, worum es Ihnen wirklich geht...

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