"Wo es schmerzt, da greift man hin" (27)

Dienstag, 21. Februar 2012 um 02:15 - futziwolf
Wo das wohl hinführt?
Der politische Wochenrückblick (10)
von Genosse Astrolabius

Jedes Land hat so seine Traditionen. Beim Griff in die Mottenkiste der Stereotype stoßen wir beispielsweise auf die wohlbekannten Vorurteile, dass der Franzose gerne Frösche isst und reihenweise Frauen flachlegt, der Italiener nicht so gerne arbeitet aber dafür mindestens einmal in der Woche wortreich und weinend seinem Weltschmerz freien Lauf lässt, und der Pole seinen Lebensunterhalt am liebsten mit dem Verkauf nicht so ganz legal erworbener Fortbewegungsmittel verdient, während sich der Russe ein paar Kilometer weiter mittels stetiger Wodkazufuhr intensiv um die Vernichtung seines Gehirns bemüht.

Das ist natürlich alles Blödsinn, aber der zweifelhafte Wahrheitsgehalt der hier zitierten Binsenweisheiten sollte keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass es durchaus gewisse Phänomene gibt, die sich in manchen Ländern, manchmal über Generationen hinweg, in signifikant größerer Häufigkeit realisieren, als in anderen Gebieten der Welt. So pflegt Deutschland, und das sollte jeder Sechstklässler wissen der im Geschichtsunterricht hin und wieder mal den Kopf vom Tisch hebt, die verhängnisvolle Tradition, in regelmäßigen Abständen das größte Arschloch der Nation an die Spitze derselben zu wählen. Sei es durch die geplante Übergabe der Krone an einen militaristischen König (der die Krone aus der Hand des Pöbels nicht einmal haben wollte), oder durch Ermächtigungsgesetz mit anschließender Massenacclamation für einen mäßig talentierten österreichischen Maler, der sich in völliger Verkennung seines wahren Charakters selbst für so etwas wie den Erlöser hielt, oder auch – schließlich leben wir in Zeiten der Demoskopie – durch traumhafte Zustimmungsraten in Meinungsumfragen für einen selbstgerechten Expfaffen aus dem Östen, der wohl bald die zentnerschwere Verantwortung tragen wird, als oberster Grüßaugust der Bonzenrepublik diejenigen Diktatoren auf deutschem Boden zu empfangen, die sich noch nicht durch zu unvorsichtige, also eigenständige Politik bei der „internationalen Gemeinschaft“ unbeliebt gemacht haben.

So jemandem wird von den staatlichen Propagandablättern und -kanälen dann noch schnell der Würgereiz verursachende Titel „Präsident der Herzen“ verliehen, und schon ist die Nation (bis auf die ewig stänkernden Kommunisten versteht sich) vereint in ihrer Bereitschaft, dem ach so mutigen und unbequemen Freiheitsprediger in eine vielversprechende Zukunft hinterherzulaufen. Wie die aussieht, nach den Vorstellungen unseres Präsidenten in Spe? Nun, zunächst einmal sollten sich in Wohngebieten nicht "allzu viele[n] Zugewanderte[n] und allzu wenige[n] Altdeutsche[n]" befinden, sonst fühlt er sich nicht wohl, der arme Mann. Wobei die Definition von „altdeutsch“ fraglich bleibt; wie viele Generationen Nachbarschaft zur deutschen Eiche reichen denn wohl, um dazu zu gehören? Müssen in den Chromosomen Resistenzen gegen deutsches Bier und Spuren deutschen Stahls nachweisbar sein, damit man in Duisburg-Marxloh wohnen bleiben darf? Außerdem wird mit diesem Mann an der Spitze des Staates sicherlich der schlimme Trend zur „Entweltlichung des Holocaust“ endlich gebremst, der dazu führte, dass „das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist.“ Überhaupt scheint unser Herzenspräsident leichte Schwierigkeiten mit der Einzigartigkeit des Hitler-Faschismus zu haben, schließlich redet er alle Nase lang von den „beiden deutschen Diktaturen“, als wäre der Massenmord an Millionen unschuldigen Zivilisten nebst Beginn eines Weltkrieges dasselbe wie Mauerbau und Stasi-Spitzelei. Auch die polnische Westgrenze scheint für die zukünftige Nummer eins nicht so ganz in Stein gemeißelt zu sein, zumindest ist er voller Mitgefühl mit den armen Vetriebenen, denen die Kommunisten mit der Anerkennung der Oder-Neiße-Linie „grobes Unrecht“ angetan hatten. Und Sarrazzin, wen wundert's, hält er für mutig, und schreibt der Politik auch gleich ins Stammbuch, dass „ihre Sprache der politischen Korrektheit bei den Menschen das Gefühl weckt, dass die wirklichen Probleme verschleiert werden sollen“.

Na, über zuviel „politische Korrektheit“ bei der Benennung dessen, was der durchschnittliche Stammtischbesucher für die „wirklichen Probleme“ hält, müssen wir uns dann während der nächsten fünf Jahre wohl keine Sorgen mehr machen, Gott sei Dank. Aber dem deutschen Volke sei an dieser Stelle dennoch eines wohlmeinend nahegelegt: Ein Langzeit-EKG bei einem sehr guten Kardiologen.

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