MEER DER UNSTERBLICHEN (d.L.E.)

Donnerstag, 25. April 2024 um 11:26 - futziwolf


von Der leere Eimer

Es lebten zwei alte Säcke, zwei schlechtglelaunte Endsechziger, die heute schon verfault sind, denn ihr Wesen, von dem ich berichte, trieben sie vor vielen vierzig Jahren. Der eine Sack hieß Bruno Barackowitsch, der andere Alfanz Trügner; zwei immergrimme, feistfette Kerle, die die Spießer ihres Städtchens Originale nannten. Beide waren Säufer, keine allzu haltlosen, verwahrlosten, sondern nordteutonische Naturen, zu denen Schnaps und Bier genauso wie Wind und Regen gehörten. Alfanz Trügner fand sich jeden Tag im Schrebergarten. Hinter der Bude lag der Grabstein seiner Voreltern auf dem Mist, jener Granit, den bald der Name Alfanz Trügner zieren sollte. Nachdem er Nachbarn und Passanten wie immer beschimpft und vergrault hatte, stieg er schwerfällig auf sein Fahrrad und fiel auf der anderen Seite runter. Beim dritten Versuch hielt Trügner das Gleichgewicht und pflanzte sich langsam fort. Er fuhr gerade so schnell, daß er nicht umkippte. Geübte Geher überholten ihn spielend. Auf der Allee kreuzte Alfanz Trügner Bruno Barakowitsch, dieser ebenso wie jener auf einem Rad daherschleichend. Unter Schmähungen und Schimpflauten grüßten sie sich. Kriecher! schnauzte Alfanz. Schnecke! knarzte Bruno. Er wendete, weil er seinen Namen zu verlieren meinte, und stellte den Beleidiger nach. Eine gähnende Verfolgungsjagd entspannte sich. Die Bäuche gegen die Lenker gepreßt, die Stimmbänder rauh gedehnt, rollten sie die Straße hinab, bis es Barackowitsch zu lang wurde. Brummend kippte er vom Rad. Er griff nach dem erstbesten Hundekot, warf und traf Alfanz Trügners Rücken. Na warte! Unbesonnt drehte sich Alfanz und den Spieß um. Aus dem Gejagten wurde der Jäger. In entgegengesetzter Richtung radelten sie die gähnende Allee hinauf, bis ihnen ein Besoffener in die Speichen fiel. Beide stürzten, und sie stöhnten und brüllten schmerzvereint. Dann schauten sie sich schüchtern um, und als sie sich alleine wähnten, schlugen und traten sie auf den Trinker ein, bis dieser nicht mehr zuckte. Schließlich, wie könnte es im Norden anders sein, steuerten sie in die nächste Kneipe. Und wenn sie nicht gestorben wären, dann söffen sie noch heute.




text und comics aus "Blut im Stuhl",
http://www.bis-magazin.de


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