LARS VON TRIER, ISRAEL UND DER AUFRECHTE FOLTERKNECHT

Donnerstag, 19. Mai 2011 um 22:53 - monsignore genickschuss
LARS VON TRIER, ISRAEL UND DER AUFRECHTE FOLTERKNECHT
von Monsignore Genickschuss ++++++++++++   (und der Spiegel zu dem Rauswurf)
Selten habe ich eine so erbärmliche Pressekonferenz gesehen wie die, welche der Herr von Trier in Cannes zu seinem neuen Streifen „Melancholia“ gegeben hat. Was der einst sehr geschätzte Dogma-Mitbegründer sich dort zusammengestottert hat, war, selbst wenn er das Ganze nicht nur als verdammt schlechten Witz, sondern als medienkritische Kunst-(PR-)Aktion geplant hatte – von wegen ich sag jetzt mal, dass ich ein Nazi bin und schon hab ich die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit – immer noch unterirdisch und einfach zum Kotzen. Er könne Hitler verstehen, ergänzte der dänische Regisseur sein „Bekenntnis“, er sei aber gegen den 2. Weltkrieg und für die Juden, Israel sei allerdings dennoch „a pain in the ass“ usw. usw. Auf youtube gibt´s die entsprechenden O-Töne für alle, denen das noch nicht genügt.

Nun glaube ich wirklich nicht, dass der Mann ein überzeugter Nationalsozialist ist, so politisch ist er vermutlich gar nicht, dass es dafür reichen würde. Die Bemerkung über Israel erinnert mich jedoch an die ähnlich einseitigen Stellungnahmen des in Deutschland millionenfach gelesenen Krimiautors Henning Mankell, der den jüdischen Staat mit dem Apartheidsregime in Südafrika verglich und sich vor einiger Zeit sogar auf ein Schiff der so genannten Gaza-Flotte begab, um gemeinsam mit einem bunten Gemisch aus Friedensbewegten, Linksparteilern, Antisemiten und Terroristenfreunden Israel ein „PR-Desaster“ zu bereiten. Offenkundig ist diese Position, deren Vertreter in Israel den Haupt- oder sogar einzigen Schuldigen am Nahostkonflikt ausmachen, auch unter (selbsternannten) Intellektuellen und Künstlern einigermaßen weit verbreitet. In diesem Zusammenhang wäre übrigens auch noch der in Bildungsbürgerkreisen seit „Sophies Welt“ außerordentlich beliebte Jostein Gaarder zu nennen, der dem jüdischen Staat 2006, empört über den in der Tat fragwürdigen Libanon-Einsatz, gleich mal die Existenzberechtigung absprach.

Derart präzise (und politisch) ist der Herr von Trier, könnte man nun einwenden, ja aber schlussendlich gar nicht geworden. Nee, nee, im Gegensatz zu seinen Künstler-Kollegen hat er eben nur mal kurz (sinngemäß) gesagt, dass Israel Scheiße ist. Halt mal so aus dem dicken Bauch und der verkorksten Laune des Augenblicks heraus, mit einem Grinsen, in die Welt gewitzelt. Möglicherweise hat er ja auch vor einiger Zeit einen Bericht über die nicht zu leugnende Not und das Leid palästinensischer Zivilisten gesehen, vielleicht haben ihn die entsprechenden Bilder nicht los gelassen... Ach, Erklärungen für diesen Aussetzer sind zur Genüge vorstellbar. Das Problem liegt woanders. Ihm, dem „Intellektuellen“, hätte eigentlich klar sein müssen, dass es sich bei dieser Veranstaltung nun mal um eine Pressekonferenz gehandelt hat und nicht um irgendeine Party, auf der man sich, durch den Alkohol enthemmt und emotionalisiert durch irgendetwas zuvor Gesehenes oder Gehörtes, schon mal gegenseitig  unreflektiertes Zeug an den Kopf werfen kann, das einem eventuell schon Augenblicke später selbst peinlich ist. Eine derart dämliche, in ihren Wurzeln wahrscheinlich un-, in ihrer Wirkung aber sehr wohl politische Äußerung lässt sich in solch einem Kontext leider nicht mit einem „Sorry“ bei Seite wischen. Was bleibt da zu sagen, außer: „Schade, Du Vollidiot!“?

Genauso gelungen wie sein Gestammel, fand ich im Übrigen von Triers Entscheidung für diesen Film mit Kiefer Sutherland, dem bis zur Selbstaufgabe folternden Verhörspezialisten der gediegenen Fernsehunterhaltung,  zusammen zu arbeiten. Sutherland war nämlich nicht nur der Hauptdarsteller, sondern auch einer der Produzenten von „24“, jener vielfach ausgezeichneten TV-Serie zum Patriot Act, in der seine Figur, der Agent Jack Bauer, ein um´s andere mal in Situationen gebracht wurde, in denen es zum Misshandeln und Quälen ihrer Gefangenen leider leider keine Alternative gab. Da immer mindestens zehntausende Menschenleben auf dem Spiel standen, konnte der pflichtbewusste Terroristenjäger mitunter nicht einmal davor zurückschrecken, jenen, die er aufrichtig liebte, gezielt (und selbstredend wohl dosiert) unerträgliche Schmerzen zuzufügen. Zweifler wurden in der Regel als verschlagene Anwälte, Sympathisanten oder Unterstützer der Terroristen, weltfremde Prinzipienreiter oder naive Gutmenschen dargestellt, während Bauer selbst seinem Land nicht nur Familie und Gesundheit, sondern, mit leidender Kötervisage, auch noch seine Menschlichkeit opferte. „Die Atombombe oder Du, mein Schatz, tut mir leid…” It´s a dirty job, but someone´s gotta do it… Ein besserer Soldat ist kaum vorstellbar! Die dahinter stehende Logik – der Zweck heiligt grundsätzlich alle Mittel, das leidende Individuum zählt einen Dreck gegenüber dem Wohl der Nation – scheint sich auch in die Köpfe diverser US-Soldaten im Irak und in Afghanistan eingebrannt zu haben und wurde von ihnen auf ihr eigenes Handeln übertragen. Tatsächlich gibt es entsprechende Aussagen von uniformierten Folterern und das US-Militär hat schließlich sogar versucht auf Sutherland und seine Crew einzuwirken, damit die weiteren Staffeln entschärft, sprich die Folterszenen reduziert würden.

Schlimm genug also, dass so eine menschenverachtende, mit dem Grundgesetz der BRD in keiner Weise zu vereinbarende und in meinen Augen durchaus schon faschistische Scheiße hier unkommentiert und zum Kult aufgebläht im Fernsehen laufen kann. Dass allerdings ein Regisseur, der doch über viele Jahre zu den Lieblingen der Alternativen und Linken zählte, mit jemandem arbeitet, der daran maßgeblichen Anteil hatte, ist ein weiteres, sehr gutes Beispiel dafür wie weit es mit dem politischen Bewusstsein (und der Moral) der Kunstschaffenden dieser Welt oft her ist.  Sollte ich Lars von Trier mal irgendwo treffen, werde ich es kaum vermeiden können ihm in die Eier zu treten. Leider, leider…

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