"Wo es schmerzt, da greift man hin" (25)

Dienstag, 7. Februar 2012 um 12:29 - futziwolf
Wo das wohl hinführt?
Der politische Wochenrückblick (08)
von Genosse Astrolabius
Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Einschätzungen verschiedener „Experten“ zu ein und demselben Gegenstand manchmal auseinander gehen. Der eine ist der Meinung, alles muss genau so weiter laufen wie bisher (entweder Unternehmerverbände oder CDU), der andere glaubt, eine Fortsetzung des gegenwärtigen Kurses führt uns alle sicher in den Abgrund (entweder Unternehmerverbände oder irgendwelche linken Kleinstparteien), und ein dritter will sich vielleicht nur ein bisschen wichtig tun und mahnt mit energischem Tonfall „dringende Kurskorrekturen“ an, meint damit in der Substanz aber nur, in homöopathischem Umfang an Schräubchen A zu drehen und Schräubchen B zumindest öffentlichkeitswirksam skeptisch anzugucken, so dass vorsichtshalber seine Bedenken zu Protokoll genommen worden sind, falls doch mal irgendwas schief laufen sollte. Dass letzterer Menschenschlag wohl am ehesten zu einer Mitgliedschaft in der SPD neigt ist empirisch nicht belegt, entspringt aber immerhin zahlreichen subjektiven Erkenntnissen, sowohl aus der Tagespolitik als auch aus dem erweiterten Bekanntenkreis des Autors.

Nun sind SPD und Gewerkschaften aufgrund der bundesdeutschen „Sozial- und Tarifpartnerschaft“ ja seit eh und je dicke Kumpels, meistens personell verflochten und allenfalls im Tonfall leicht voneinander zu unterscheiden. Das heißt, die Gewerkschaften sagen meistens, dass sie eigentlich auch an Schräubchen B ganz gerne drehen würden statt nur zu gucken, wissen aber dabei genau, dass ihre immer mal wieder am politischen Drücker sitzenden Zwillingsbrüder von den Sozialdemokraten bei so verbalradikalen Forderungen schon rechtzeitig die Notbremse ziehen werden. Diese Woche jedenfalls gab es wieder so einen handfesten Streit zwischen CDU-geführter Regierung und Unternehmerverbänden auf der einen Seite und Gewerkschaften auf der anderen, so dass es mal wieder richtig krachte. Hintergrund ist die Bewertung des großen Marketingpaketes namens „Ausbildungspakt“, der den Bürgern dieses schönen Landes gemeinsam mit diversen anderen ähnlichen Instrumentarien („Verbraucherschutzministerium“, „freiwillige Selbstverpflichtungen“, „Umweltschutzabkommen“, etc.) vorgaukeln soll, dass alles in absehbarer Zeit gut werden wird. Die Unternehmer jedenfalls haben sich diesmal für die Variante „alles bestens“ entschieden, und sind der Meinung, ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung zur Ausbeutungszuführung nachwachsender Generationen voll und ganz gerecht geworden zu sein. Die CDU sieht das (siehe oben) naturgemäß genauso. Zwar wird gewisses Bedauern geäußert, dass die „geeigneten Bewerber“ einfach nicht da seien, aber da können ja die Unternehmer nichts für, wenn die ganzen Kevins und Pascals zu blöd zum Scheißen sind (vom Schweißen wollen wir hier mal gar nicht reden). Der DGB dagegen schreit mit hochrotem Kopf, dass es so auf keinen Fall weitergeht und überhaupt alles Schwindel sei, bloß weil 65.000 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz, die dafür in „berufsvorbereitenden Maßnahmen“ den ganzen Tag Steine von der einen Ecke in die andere räumen dürfen, in der Statistik als „versorgt“ geführt werden. Und suggerieren damit nebenbei, dass alles besser wäre, wenn sie (und die SPD) bloß mehr zu sagen hätten. Einige besonders mutige Vertreter der Gewerkschaftsbürokratie stänkern sogar auch noch allen Ernstes herum, dass viele Betriebe „nicht ausbildungsreif“ seien, weil sie den kleinen Doofköppen für's Rumstehen nicht auch noch jede Menge Geld in die Taschen stecken wollen. Da könnte man fast meinen, den Genossen vom DGB läge nichts ferner, als für die „Sicherung des Standortes Deutschland“ gewaltige Reallohnsenkungen hinzunehmen.

Wer ein etwas besseres Gedächtnis hat als ein Goldfisch (also mehr als sieben Sekunden) sollte sich darüber im Klaren sein, was in den Jahren von 1998 bis 2005 eine gewisse „rot-grüne“ Regierung, die sogar ein entsprechendes „rot-grünes Projekt“ umsetzen wollte, so alles für die Ehrlichkeit in den Sozialstatistiken, für die soziale Lage Jugendlicher und insbesondere für die Lohnentwicklung in diesem Land getan hat. Begleitet von ein bisschen heißer Luft von Seiten des DGB, dessen Führungspersonal abgesehen von Menschenketten und Trillerpfeifenkonzerten nicht viel eingefallen ist. Politischer Streik? Der ist hier verboten. Und wenn man den Rasen nicht betreten darf, nun, dann betreten echte deutsche Gewerkschafter eben den Rasen nicht. Das wusste schon Lenin, der konnte aber leider auch nichts daran ändern.

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