Crucial Response Label Preview 2012

Mittwoch, 2. Mai 2012 um 08:42 - futziwolf
ManLiftingBanner : The revolution continues 2LP
SHIPWRECKED : The last Pagans LP


ManLiftingBanner
: The revolution continues
1991 – 2011 DoLP (Crucial Response)
als rotes oder schwarzes Vinyl

LABEL: crucialresponse



[review:]
1990 gegründet, veröffentlichten MAN LIFTING BANNER gerade eine Siebener („Myth Of Freedom“), ein paar Sampler-Tracks und eine 10“ („Ten Inches That Shook The World“), ehe sich die Spur der Band Mitte der 90-er Jahre schon wieder verlor. Die Beteiligten blieben der Hardcore-Szene allerdings treu, musizierten u.a. bei MAINSTRIKE, NO DENIAL, BIRDS OF A FEATHER, STRIKE FIRST, COLD TURKEY, SEEIN' RED und trugen so erheblich dazu bei, dass es in den Niederlanden nach und neben B.G.K., FUNERAL ORATION, DE KIFT und THE EX nie langweilig wurde. Ihre alte Band aber avancierte währenddessen auch außerhalb der Straight Edge-Szene, in der sie durchaus verwurzelt war, bald zum „Kult“.

Nun wird dieses K-Wort natürlich immer dann gerne bemüht, wenn alte Aufnahmen betagter Herrschaften von Neuem verkauft werden sollen und ist, dies weiß ich aus eigener Erfahrung, grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Was hebt so eine Band denn eigentlich von ihren musizierenden Zeitgenossen ab, warum sollte ausgerechnet sie im kollektiven Szenegedächtnis bewahrt werden, während andere schon kurz nach ihrer Auflösung für immer im Dunkel des Vergessens verschwinden, fragt mensch sich völlig zu recht. Im Fall von MAN LIFTING BANNER findet sich die Antwort jedenfalls nicht oder zumindest nicht nur in der Musik. Die ist heftiger, aggressiver Hardcore, oft sehr schnell gespielt, aber durchaus auch um einige schwerere Midtempo-Mosh-Parts und Breaks bereichert. Das alles ist äußerst präzise und sogar recht hitig, so dass etliche Songs schon beim ersten Hören hängenbleiben, vom punkigen Opener „Fighting in the streets“ über das verzweifelt-wütende „Round and Round“ bis zum an frühe SICK OF IT ALL erinnernden Knüppler mit Mitgröl-Refrain „The New Gospel“, um nur mal von der A-Seite zu sprechen, welche die acht neuen Songs aus dem September 2011 und mit „Everybody Knows“ auch eine brillante Cover-Version bereit hält. Im Original stammt das Stück von LEONARD COHEN, was bedeutet, dass die Herren von MAN LIFTING BANNER offenbar einen noch besseren Musikgeschmack haben als ich erstmal vermutet hätte. Dies bestätigt übrigens auch ein Blick auf die andere Booklet-Seite, wo immerhin der große JOE STRUMMER (Yott hab ihn selig) zitiert wird: „People can change anything they want and that means every thing in the world.“ An dieser Stelle gehen wir nun weg vom Musikalischen, da auf den Seiten 2,3 und 4 in dieser Hinsicht ohnehin kein Bruch zu finden ist und wir durch das gerade erwähnte Zitat auch schon beim Wesentlichen angekommen sind: MAN LIFTING BANNER waren und sind nämlich eine ungeheuer politische Band und fast jeder ihrer Songs ist ein Anschreien gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung, ein Plädoyer für eine grundlegende Veränderung. In „Commitment“ bekennt sich die Band denn auch folgerichtig zum Kommunismus, in „Sister“ fordert sie die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, in „End the fear“ bezieht sie unmissverständlich Stellung gegen das braune Pack, in „Consume & Kill“ geht es gegen den Fleischkonsum unserer Gesellschaft und „Donkey Shot“ macht nicht zuletzt deutlich, dass man für Homophobie nicht das Geringste übrig hat: „Homophobia in the new Utopia/ A farewell to the mind, Hallelujah/ have no clue, have no case/ Ecillogical master race“.

Bereits mit diesen Inhalten haben sich MAN LIFTING BANNER schon in den 90-ern deutlich von etlichen Punk- und Hardcorebands, denen Politik dann letztendlich doch nie wichtig genug war um sich so offensiv und explizit mit ihr auseinanderzusetzen, abgehoben. Das gute Songwriting und die Tatsache, dass der Sänger es versteht die Texte entsprechend mitreißend ins Publikum zu brüllen, kommen natürlich noch hinzu. Auch ich finde also, Ihr werdet es Euch bereits gedacht haben, dass sich MAN LIFTING BANNER diese aufwendig gestaltete Discographie-Do-LP absolut verdient haben. Die kommt in der limitierten Auflage auf hübsch rotem Vinyl und zudem mit einem Poster und einem großen, dicken Vollfarb-Textheft, dass unter anderem mit aussagekräftigen Photos vom arabischen Frühling und den Occupy-Protesten sowie gut ausgewählten Zitaten von Menschen wie Antonio Gramsci oder Martin Luther King überzeugt. Um die arabischen Revolutionen geht es by the way unter anderem auch in dem „Song for Khaled Said“. Ob die Band diese Entwicklungen in Nordafrika, im Nahen- und Mittleren Osten möglicherweise zu positiv beurteilt hat und wie sie das heute sieht wird hoffentlich demnächst Gegenstand eines Interviews sein. Ebenso ihre anti-imperialistische, aber ganz sicher nicht anti-semitische Sichtweise der amerikanischen Außenpolitik und ihre äußerst kritische Position zur Palästinenser-Politik Israels. Einstweilen empfehle ich „The Revolution Continues“ uneingeschränkt!  
  - ATAKEKS



labelinfo // bio:
Während viele Linke sich ihre Niederlage eingestanden und ihre "alten" Prinzipien fallen ließen, fühlt ManLiftingBanner geradezu verpflichtet diese zu verteidigen. Auf der Platte sind die Songs von der Myth Of Freedom 7", der That Shook The World "10", ein Samplersong und acht neue Tracks, die im traditionellen Hardcore-Punk-Stil sind, welche nur ManLiftingBanner befähigt ist zu schreiben. 29 Songs für eine neue Generation, aber auch für diejenigen, die die Band von damals kennen und für diejenigen, die das revolutionäre Feuer in und außerhalb der Hardcore-Szene am Leben halten. Und schließlich gibt es die ManLiftingBanner Songs nach nahezu 20 Jahren endlich wieder auf Vinyl. Die Platte kommt zudem mit einem 12seitigen Booklet, mit Informationen, Bildern und Texten und mit einem A2-Poster.

artist website:
myspace.com
facebook.com

mukke:

FIGHTING IN THE STREETS

Wall Street Wars



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Shipwrecked : The Last Pagans
LP (Crucial Response) als weißes oder schwarzes Vinyl

LABEL: crucialresponse



[review:]
Die zweite aktuelle Crucial Response-Veröffentlichung fällt musikalisch nicht im Geringsten ab, bildet inhaltlich allerdings einen deutlichen Gegensatz zu MAN LIFTING BANNERS „The Revolution Continues“. SHIPWRECKED kamen aus Norwegen und Schweden, hatten vor „The last Pagans“, ihrer ersten und letzten LP, bereits ein Demo und eine 7“ aufgenommen und klangen stets schwer nach altem Boston-Hardcore im modernen Soundgewand. Der obligatorische Schuss Oi im Sinne von BLITZ war hier allerdings noch etwas deutlicher hörbar als bei manch altem Vorbild, so dass viele der insgesamt 21 Songs dieser Veröffentlichung durchaus zum Mitgrölen einladen. Damit kämen wir aber auch schon zum Problem: Ähnlich wie die FU's, denen mit dem Cover der Record-Store-Day-Ausgabe dieses Albums hier Tribut gezollt wurde, haben SHIPWRECKED für „The Last Pagans“ Texte verfasst, die der eher links orientierte Teil der Szene im besten Fall als Provokation auffassen kann (wobei sich schon die Frage stellt, welchen Sinn diese Provokation haben könnte...). Mag das Wikinger-Thema, welches nicht nur das Artwork beherrscht, sondern sich auch in einigen Songs wieder findet, noch ein zum Teil ironisches Spiel mit der nordischen Herkunft der Bandmitglieder sein, die Absage an linke Bewegungen und soziale Proteste, ja ihre Diskreditierung, und das Loblied auf die Eigenverantwortung und die eigene Härte, die recht mühelos aus Texten wie „Not my generation“ oder „Bricks & Bombs“ heraus gelesen werden können, erinnern an das Gequatsche von Wirtschaftsliberalen und Neo-Cons oder das Gebrüll von Kapellen wie SLAPSHOT. „They want to blame the banks, politicians, teachers/ Everyone but themselves for their circumstances/ Willing to do so little/ Yet they want so much/ I had faith in them / but kids are loosing my trust.“, heißt es da unter anderem über die verwöhnte, materialistische Jugend, die natürlich gar nicht weiß was Armut bedeutet und wenn sie Scheiße baut gefälligst auch sich selbst die Schuld geben soll. Nun, abgesehen von der Tatsache, dass es auch in westlichen Ländern durchaus Armut gibt, alles nicht so ganz falsch, will man vielleicht gerade denken, ja, aber eben auch nicht so ganz richtig und in dieser Einseitigkeit dann eben doch leider Propaganda von der falschen Seite, jedenfalls von meinem Standpunkt aus. Dazu dann noch der große Respekt vor den wackeren Ahnen und ein sehr merkwürdiges Bild in „Eagle's Nest“... Ach, ich weiß nun nicht wie ernst ich das alles nehmen soll, möglicherweise haben die Jungs sich gar nicht so viel dabei gedacht und die Lyrics mal eben so aus'm Bauch oder auf'm Klo geschrieben oder das ist alles, wie gesagt, bloß ein provokativer Scherz. Schade ist es aber in jedem Fall, denn der Scherz wäre missglückt und der Ernst nicht auszuhalten und so verlieren das aufwendige, toll gezeichnete Cover (Silber-Druck) und die gut rockenden Oi-Core-Songs, jenen Charme, den sie unzweifelhaft behalten hätten, wenn es hier mehr in Richtung Motörhead gegangen wäre (z. B.). Für (noch) ein Interview fehlt mir leider die Zeit, ich gehe jedoch davon aus, dass jeder von Euch, der sich für die Texte interessiert, die Band auch einfach mal selbst anschreiben kann. Fazit: Musikalisch groß, inhaltlich Klärungsbedarf!   - ATAKEKS

labelinfo // bio:
Lifting weights to early Taang - XCLAIM the north with our northeast sound. Diese Textzeile ist aus dem Fast Violent Noise Song, der Opener auf dem neuen Shipwrecked Album von The Last Pagans - ihre einzige und letzte Full-Lenth LP. Das Zitat sagt viel über diese Platte aus, die Motive hinter Shipwrecked, und deren Kritik am Zustand der heutigen Szene. Die LP beinhaltet 21 Songs allesamt energiegeladen von Anfang bis Ende. Hier werden keine Gefangenen gemacht. Die Songs sind in der Machart alter Boston Hardcore Bands, frühe England Oi Bands mit düsteren Heavy Metal hier und da durchsetzt.

mukke:



das Label CRUCIAL RESPONSE:
Vor über zwanzig Jahren hat sich der Peter mit seinem gerade gegründeten Label Crucial Response ganz dem Hardcore verschrieben und er ist diesem Genre bis heute ohne Frage treu geblieben. Dabei lag das Hauptaugenmerk dieses Oberhausener Nicht-Alkoholikers (wie hält man das in so einer Stadt bloß aus?) von Anfang an auf der damals noch wachsenden Straight-Edge-Szene und ähnlich wie das großartige Dischord-Label (oder heute No Idea) konzentrierte er sich vor allem auf Bands von Bekannten und Freunden, die allerdings in seinem Fall in der Mehrzahl nicht aus dem Oberhausener Umland kamen. (This is Oberhausen, not Gainesville!) Sieht man von einigen transatlantischen Signings, wie etwa BROTHERHOOD, YOUTH KORPS und GET THE MOST, ab, muss man wohl festhalten, dass Crucial Response auf diese Weise maßgeblich zum Erblühen einer eigenen, europäischen Straight Edge-Szene beigetragen hat, insbesondere in den benachbarten Niederlanden. Ebenso lässt sich konstatieren, dass den über 80 Veröffentlichungen auf die es dieses Indie-Label bisher gebracht hat, eine gewisse inhaltliche und musikalische Vielfalt trotz aller Gemeinsamkeiten nicht abgesprochen werden kann..



Anschrift:

Crucial Response Records
Von-der-Mark-Str. 31
47137 Duisburg
Deutschland

Phone: +49 (0) 203 455 79 39
Fax: +49 (0) 203 455 79 78
eMail: order@crucialresponse.com
Web: www.crucialresponse.com

Geschäftsinhaber: Peter Hoeren


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